Ich bin geschockt. Diesen 6. November 2024 werde ich so schnell nicht vergessen. Donald Trump hat die Wahl zur US-Präsidentschaft zum zweiten Mal gewonnen.
Ein notorischer Lügner mit dem Benehmen einer Axt im Wald, ein verurteilter Straftäter, ein Angeklagter wegen versuchten Wahlbetrugs wird von der Mehrheit des US-amerikanischen Volkes zum Nachfolger von Joseph Biden im Amt des US-Präsidenten gewählt. Man kann es wirklich drehen und wenden wie man will: Ob Mehrheitswahl, Verhältniswahl oder auch in absoluten Stimmen – dieser Knilch hat immer die Mehrheit, anders als 2016, als Hillary Clinton zwar in absoluten Zahlen mehr Stimmen bekommen hatte, aber am Mehrheitswahlrecht gescheitert war. Er ist also leider wirklich, was die Mehrheit der Amerikaner will, die zur Wahl gegangen sind (und die Wahlbeteiligung soll wirklich immens gewesen sein).
Für Deutschland und Europa wird es bedeuten, mit Zöllen gebeutelt zu werden, das hat Trump schon als Absicht angekündigt. Was es für die Ukraine bedeuten wird, ist noch nicht ganz abzusehen. Trump hat zwar angekündigt, den Krieg dort innerhalb von 24 Stunden zu beenden, die Frage ist aber, zu welchem Preis für welche Seite.
Schränkt er die Waffenlieferungen für die Ukraine ein, werden die Europäer das nicht auffangen können. Wir haben auch nach fast drei Jahren Krieg in der Ukraine die Waffenproduktion noch immer nicht hochgefahren, die Lager der Armeen sind so gut wie leer.
Unberechenbar wie er ist, könnte es – jedenfalls theoretisch – aber auch sein, dass er Moskau damit droht, die Erlaubnis für den direkten Beschuss Russlands auch in weiter Entfernung zu geben, wenn die russischen Truppen nicht umgehend aus der Ukraine verschwinden. Fraglich ist, ob Putin damit zu beeindrucken wäre.
Für die Nato wird es bedeuten, dass er erneut mindestens mehr Geld von den Europäern verlangen wird, wenn er die Nato nicht sogar verlassen will. Zwei Prozent des BIP werden ihm garantiert nicht mehr reichen, zumal selbst der Nato-Generalsekretär auch davon ausgeht, dass die Verteidigungsausgaben eher drei bis vier Prozent des BIP ausmachen müssten, um Russland die Stirn bieten zu können. Er hatte bereits angekündigt, Staaten, die nicht den angestrebten Teil ihres BIP für die Verteidigung ausgeben, nicht zu schützen, sondern sie Putin zu überlassen, wenn er Streit sucht.
Die arabischstämmigen Amerikaner waren mit der Biden-Administration unzufrieden, weil der amtierende Präsident ihrer Ansicht nach die Palästinenser im Gaza-Krieg zu wenig unterstützt. Noch am Wahltag äußerte sich ein Vertreter der arabischen Amerikaner, dass er Trump wählen würde. Wenn sie wirklich geglaubt haben, dass Trump Netanjahu endlich zur Räson bringen wird, haben sie sich getäuscht. Er unterstützt eher Netanjahu und seine religiösen Fanatiker als eine Zwei-Staaten-Lösung. Offenbar haben diese Leute vergessen, dass es Trump war, der in seiner ersten Amtszeit 2016 – 2020 die US-amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegte und damit die Palästinenser böse vor den Kopf stieß.
Die amerikanischen Bürger allgemein sind mit der Inflation unzufrieden und schreiben sie der gegenwärtigen Regierung zu, obwohl der Inflation Reduction Act sie mindern sollte. Trump will die Inflation beseitigen. Wie er das machen will, hat er bisher nicht gesagt. Mit mindestens 20% Zoll auf europäische und 100% Zoll auf chinesische Produkte wird das nicht möglich sein. Und ob rein amerikanische Produkte tatsächlich so günstig werden können, dass die Amerikaner sie sich wieder leisten können, ohne für den täglichen Einkauf einen Kredit aufnehmen zu müssen, ist mindestens fraglich.
Zwar will Trump die Unternehmenssteuern weiter senken, aber ob sich diese Ersparnis bei den Unternehmern in höheren Gehältern ihrer Angestellten oder gar Preissenkungen niederschlagen wird, wage ich zu bezweifeln.
Der Biden-Regierung wird die unkontrollierte Zuwanderung aus Richtung Mexiko angelastet. Das war nur möglich, weil Trump bei seiner Partei durchgesetzt hat, einem überparteilich bereits fertig ausgehandelten Gesetz zur Begrenzung der Migration die Zustimmung zu verweigern. Das Gesetz wird nun, vor allem, da die Republikaner wohl auch im Kongress die Mehrheit haben werden, gewiss kommen – und Trump wird sich als Retter in der Not präsentieren können. Das ist so eine Unverschämtheit, dass ich zu Rumpelstilzchen werden könnte …
Was es für die amerikanische Demokratie bedeuten wird, wird sich erst noch zeigen müssen. Aber nach allem, was verbreitet wurde, dürfte Trump zumindest versuchen, sich den Staat so zurechtzuschustern, dass für ihn und seine Mitmilliardäre am meisten abfällt, ohne durch Steuern oder Regularien irgendwie eingeschränkt zu werden. Ich befürchte, dass die Rechte von Minderheiten und Frauen deutlich eingeschränkt werden, dass die Gerichte eher politisch besetzt werden und eine richterliche Unabhängigkeit nicht mehr gegeben sein wird. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was das für Folgen haben kann …
Schreibe einen Kommentar