Das Jahr 2020 war mit der Corona-Pandemie ein wirklich außergewöhnliches Jahr – und außergewöhnliche Ereignisse ziehen ungewöhnliche Dinge nach sich.
Im Oktober 2016 habe ich begonnen, mit Holz zu arbeiten. Angesichts der Tatsache, dass mein am 5. Juli 2019 verstorbener Vater den größten Teil seines Lebens Schiffsmodelle aus Holz gebaut hat (und zwar nach Originalplänen der Werften, die das große Original gebaut hatten und in 95 % der Fälle als Auftragsarbeiten der jeweiligen Reederei oder des Verbands Deutscher Reeder) mag das weniger ungewöhnlich erscheinen. Ich hatte mit Holz aber wenig am Hut, interessierten mich doch eher Schwerter, Säbel und Uniformen, Dinge, die gerade nicht aus Holz sind. Das änderte sich, als ich mir 2014 das Buch „Der ritterliche Schild“ kaufte und daraus erfuhr, dass die Schilde der Ritter entgegen meiner filmgeprägten Ansicht durchaus aus Holz bestanden. Es dauerte aber zwei weitere Jahre, bis ich mir dann einen Schild baute, der seither den Flur unseres Hauses ziert.
Meine Planungen entstehen – wie wohl bei den meisten Leuten – zunächst im Kopf. Bis sie als fertiges Werk auf dem Tisch oder dem Boden stehen, kann bei mir relativ viel Zeit vergehen. Meine Bauprojekte sind Hobby. Sie kosten Zeit und Geld. Jede der Schatullen und Truhen, die ich im Jahr 2020 gebaut habe, hätte ich wohl auch einfach kaufen können, hätte die Verzierungen selbst ergänzen können wie bei meiner kleinen Schreibschatulle, die ich vor einigen Jahren für gerade 2 € bei Tedi gekauft und mit einer Krone und einer Lilie aus meinem Bestand verziert habe.
Nein, aus Gründen der Sparsamkeit mache ich es nicht. Ich erschaffe Dinge, weil ich als Kind oft enttäuscht war, wenn man mir Geschenkwünsche ausgeredet hat, weil es meinem Vater als Alleinverdiener an Geld gemangelt hat, sie zu erfüllen oder man Dinge, die ich gern gehabt hätte, als für mich unpassend klassifiziert hat. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr, mir etwas zu wünschen. Als ich eigenes Geld verdiente, konnte ich mir kaufen, was ich haben wollte, ohne die Frage zu hören: „Was willst du damit?“ Und manche Dinge kann ich nur selbst machen, weil es sie sie schlicht nicht zu kaufen gibt. Das gilt für die Wappenschilde bei uns im Flur, die Königskrone, die beiden Zepter und den Bischofsstab von Wengland ebenso wie für die wenglische Hutbrosche, die ich aus Zinn gegossen habe. Wengland ist meine Erfindung, das gibt es nur in meiner Fantasie, also gibt es die Dinge, die sich darauf beziehen auch nicht im Handel. Ich kann einzelne Elemente wie Lilien aus Metall oder Schablonen kaufen, die mir helfen, Dinge zu erschaffen, aber ansonsten bin ich darauf angewiesen, selbst zu machen, was ich haben möchte. Gut, das gilt jetzt nicht für einen Werkzeugkasten, so etwas bietet jeder Baumarkt an, ebenso der Händler, bei dem ich meine Punzen gekauft habe. In dem Fall ist es die Kreativität, die bedient werden möchte.
Werkzeug, das mir bei den „Grossisten“ (Aldi, Lidl, Norma, Penny) unter die Finger gerät, bleibt meistens daran haften und folgt mir nach der Kasse in meine Werkstatt im Keller. Es hat sich einiges angesammelt …
Da ich auch für Stickerei und Zeichnen (Malerei will ich das nicht nennen) zu haben bin, außerdem gelegentlich Pralinen mache, seit 2017 auch diverse Wikis betreue (Nummer 17 ist erst am 22. November 2020 dazugekommen), blieb die Holzbastelei aber wieder auf der Strecke. Das änderte sich im Januar 2020, als ich die unzureichende Aufbewahrung meiner Siegelpetschaftsammlung betrachtete und beschloss, mir mit möglichst einfachen Mitteln eine Siegelschatulle zu bauen.
Der Siegelschatulle folgte – in Abwandlung einer früheren Planung – eine zerlegbare Schreibunterlage.
Noch während unseres Urlaubs im Januar 2020 kam Corona und im März der Lockdown mit der Aufforderung, zu Hause zu bleiben. In der Regel verreisen wir sehr viel, seit ich selbst nicht mehr arbeiten muss. Im Januar/Februar sind wir normalerweise 2 – 3 Wochen weg, im Mai oder Juni weitere 3 Wochen, seit einigen Jahren auch im Herbst 1 – 2 Wochen und zwischendurch mal einen Tag an der Ostsee. Im Januar 2020 waren wir gerade in Regen im Bayerischen Wald, als die ersten Corona-Fälle in Deutschland auftraten. Am 28. Februar starb unsere Tante Edith in Treis-Karden an der Mosel. Ihre Beerdigung Anfang März war erst einmal die letzte Ortsabwesenheit unsererseits. Den geplanten Urlaub in Regen im Mai mussten wir wegen Corona absagen.
Ich hatte also Zeit und damit wuchs der Wunsch, erneut mit Holz zu arbeiten. Mein Blick fiel auf meinen aus Bastelkarton gefertigten Ständer für meine Lederpunzen. Ich besaß zu dem Zeitpunkt außer Lederpunzen mit Schäften bereits zwei, in die der Schaft erst zur Benutzung eingesteckt wird. Dazu kamen Riemenschneider, Nahtversenker, Flechtahle, Vorstecheisen, Kleinwerkzeug zum Wechseln von Aufsätzen … Und das alles sollte mal konzentriert an einem Ort landen, denn die Kartonständer boten zwar Platz für die Schaftpunzen, die Prägeräder sowie die Wechselräder des Nahtmarkierers, aber nicht für den nicht unerheblichen Rest.
Ich wollte also einen Kasten haben, in dem ich all das unterbringen konnte. Zudem wollte ich das von den Brennholzlieferungen übriggebliebene Holz der Transportbehälter aus dem Keller loswerden. Nach einer guten Woche Arbeit war das Teil fertig, aber so richtig zufrieden war ich damit nicht, obwohl ich alles Lederwerkzeug unterbringen konnte.
Mit den Corona-Einschränkungen wurden auch die Gottesdienste eingestellt, dafür Online-Gottesdienste angeboten. Für eine Atmosphäre, die entfernt an Kirche erinnert, konnte ein Weihrauchbrenner sorgen, den ich samt einem Tütchen Weihrauch schon vor einigen Jahren im Klosterladen in Niederalteich gekauft habe. Mit den Online-Gottesdiensten trat er seinen Dienst bei uns an – und damit wuchs der Wunsch nach einer würdigeren Aufbewahrung als einem Wellpappenkarton. Um die Osterzeit zimmerte ich also eine kleine Truhe, in der seither unser – sagen wir – Altargeschirr aufbewahrt wird.
Damit fertig, plante ich eine größere Aufbewahrung für meinen Mittelalterkram, den ich im Juni 2020 in Form einer Reisetruhe realisierte. Danach war ich erst einmal bedient, denn das Werkzeug eine gute Woche lang täglich aus dem Keller auf die Terrasse schleppen, noch ein paar Mal runter laufen, weil doch noch etwas fehlt, den Tag über bei ordentlicher Sommerhitze mit Säge, Hammer und Nägeln oder Akkuschrauber arbeiten, dass einem die Suppe über die Backen läuft, abends den ganzen Krümelkram wieder nach unten bugsieren – das reichte einstweilen.
Dann war es September, und die inzwischen geltenden Lockerungen erlaubten es uns, zwei Wochen in Niendorf/Ostsee Urlaub zu machen. Anschließend waren wir eine Woche zu Hause, dann eine Woche in Treis-Karden, von wo aus wir nach Regen in den Bayerischen Wald weiterfuhren, wo wir eigentlich drei Wochen bleiben wollten. Doch nach einer Woche lag der dortige Corona-Inzidenzwert für sieben Tage bei 35 (das war am Freitag, den 9. Oktober), und wir beschlossen, uns zu verkrümeln, bevor der Wert die 50er-Marke überstieg. Am Samstag, den 10. Oktober, packten wir unsere Sachen, bezahlten und fuhren nach Hause.
Als wir wieder in heimischen Gefilden waren, bestellte ich einige Dinge für meine Bastelarbeiten bei Amazon (Leder, Scharniere und Schlösser) und bei Rickert Werkzeuge zwei weitere Flach- und zwei Schaftpunzen. Diese Bestellungen waren der Auftakt zu den nächsten Bastelarbeiten, die eine Revision des Lederwerkzeugkastens, eine Schreibschatulle und eine Plexiglasvitrine für die den größten Teil des Jahres im Flur ausgestellte Krone beinhalteten. Ende des Jahres 2020 war die Reinigung und Überarbeitung der leider böse verstaubten Krone abgeschlossen.
Im Folgenden möchte ich den Werdegang meiner Kästen, Schatullen und Truhen näher beschreiben. Produktionsfotos, die ich während der laufenden Arbeit gemacht habe, gibt es vom 2. Lederwerkzeug-Kasten, von der Schreibschatulle, der Vitrine und von der Kronenrestauration. Von den übrigen hier beschriebenen Projekten habe ich lediglich Fotos der fertigen Stücke.
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