Im Frühjahr 2018 stolperte ich im Alstertal-Einkaufszentrum in Hamburg über eine Krone aus Goldkarton mit einer Kronenmütze aus Krepppapier. Ein Karnevalsartikel für 1 oder 2 €. Dabei lachten mich insbesondere die halben Lilien am Kronreif an. Es sind 6 Stück, die sich mit ebenso vielen Kleeblättern abwechseln.
Kurz zuvor hatte ich in einer Fernsehsendung über das Großherzogtum Baden erfahren, dass die zu Beginn des 19. Jh. für dieses neue Großherzogtum geschaffene Krone aus Pappmaché, Draht und Pailletten bestand – abgesehen von einer Menge Edelsteinen wie Rubinen, Diamanten und wohl auch einigen Smaragden sowie mit Goldfäden besticktem, goldfarbenem Seidentaft, mit dem die Drahtbögen bespannt wurden. Das hatte mich auf die Idee gebracht, dass eine erneuerte Krone Wenglands möglicherweise auch nicht aus purem Gold bestehen musste.
Nach den Napoleonischen Kriegen, deren Kind das Großherzogtum Baden war, die auch eine Wiedererrichtung des Königreichs Wengland zur Folge hatten, war Europa ziemlich verwüstet. Wohl nicht so deftig wie nach dem Dreißigjährigen Krieg oder dem Zweiten Weltkrieg, aber ein guter Teil der Bevölkerung Europas hungerte – auch wegen der kleinen Eiszeit um 1817. Der Großherzog von Baden hatte diesem Umstand Rechnung getragen und bei seiner Krone Sparfuchs-Qualitäten gezeigt. Meine Wengländer sind ja nicht prunksüchtig. Ein wenig Bescheidenheit haben sie alle – und auch eine gewisse Ehrfurcht vor den Insignien ihrer Vorfahren, vor allem, wenn sie (wie die Königskrone) über 450 Jahre geruht haben. Da wären ähnliche Materialien durchaus passend. Gesehen, gekauft.
Zudem bot sich damit die Möglichkeit, die bei mir schon länger vorhandenen Miniperlen und Strasssteine einzusetzen. Einzelheiten dieser wirklich fummeligen Arbeit erspare ich mir an dieser Stelle. Tatsache ist, dass diese mit goldenen und silbernen Miniperlen, goldfarbenem Draht, Pailletten, goldfarbenen Glasröhrchen und Perlen sowie einer Kronenmütze aus synthetischer Wildseide aufgepeppte Krone seit ihrer Fertigstellung den größten Teil des Jahres in unserem Flur auf dem dortigen halben Schrank (auch Sideboard genannt) verbringt und nur zwischen dem 1. Advent und etwa Dreikönig im Keller bei der übrigen nicht genutzten Deko ist.
Fotografiert habe ich das Teil für das Verborgene-Lande-Wiki erstmals im Juli 2018 nebst anderen wenglischen Kleinodien, die ich zwischenzeitlich erbeutet oder gebastelt hatte.
Nun kann sich jeder, der eine Wohnung putzen muss, vorstellen, dass so ein Teil ein Staubfänger ersten Ranges ist, zumal wenn die Kronenmütze aus einem synthetischen matten Seidenstoff besteht. Bislang habe ich die Krone alle etwa drei Monate mit dem Handstaubsauger bereinigt, was inzwischen einige geklebte Halbperlen an den Kleeblattspitzem gekostet hat.
Im Zuge meiner Bauwut im Jahre des Herrn 2020 reifte deshalb der Plan, der Krone eine Vitrine zu spendieren, um sie künftig vor Staub zu bewahren.
Die anfängliche Idee war, eine Vitrine mit Tür herzustellen. Mit den jetzt vorhandenen Scharnieren und Schlössern kein Problem. Vorsorglich hatte ich mir schon 1000 mm-Leisten mit doppelter Nut im Baumarkt beschafft. Für die Verglasung wollte ich Plexiglas, das nicht ganz so empfindlich ist wie normales Glas. Aus Plexiglas hat schon mein seliger Vater die Schutzhauben für seine Modellschiffe gemacht; Wolfgang und ich hatten aus so etwas eine Abdeckung für die Terrassentruhe und einen Brennholzständer gemacht – und deshalb war mir auch klar, dass ich mein Bastelglas in diesem Fall im Baumarkt passend zuschneiden lassen wollte.
Die Planung stockte immer wieder. Ich habe eine Zeichnung auf Millimeterpapier gefertigt – auch wegen des Materialbedarfs – aber die Zeichnung half mir nicht wirklich weiter; oder, sagen wir, sie führte mir vor Augen, dass das, was ich da gezeichnet hatte, mit meinen Hobbyfähigkeiten nicht funktionieren würde.
‚Wieso Tür?‘, fragte mich schließlich der kleine Mann im Ohr. ‚Die Vitrinen bei Papis Modellen haben auch keine Türen. Wieso hier? Willst du wirklich die Krone durch die Tür bugsieren? Bist du bescheuert?‘
Diesen kleinen Mann im Ohr habe ich zu oft ignoriert und mich zu oft geärgert, es getan zu haben. Denn meistens hatte dieser Bruder Innerlich, auch Kassandro genannt, nämlich Recht. Ich beschloss, dieses Mal auf die innere Stimme meines Kassandro zu hören und die Tür zu sparen. Daraus folgte zudem, dass ich fünf gleich große Glasteile benötigte: vier für die Seiten, eines für den Deckel. Mein Dank gilt Kassandro, der mir das ergänzend zuflüsterte.
Die Krone ist samt Lilie an der Spitze 23 cm hoch und etwa ebenso breit, je nachdem, wie stark die Bögen nach außen gewölbt sind. Als Drahtmodell ist sie in gewissen Grenzen flexibel. Sie sollte auf einem dunkelgrünen Samtkissen stehen, das am Boden mit Polsternägeln befestigt werden sollte. Die Polsternägel sind – ohne Kopf – 12 mm lang. Also brauchte ich eine entsprechend starke Grundplatte und hatte dafür die vom Rückbau des klobigen Lederwerkzeugkastens 1 verbliebene Deckelplatte im Blick, die immerhin einen 30 x 30 cm-Kasten abgedeckt hatte. Die Löcher, die die entfernten Nägel hinterlassen hatten, würden durch einen Bezug verdeckt werden.
Die Höhe der Vitrine war andererseits durch die lichte Höhe der Reisetruhe begrenzt, in der sie Platz finden sollte. Mit dem Luftpolster im Deckel waren es nach meiner Berechnung maximal 29 cm, die das ganze Gebilde hoch sein durfte. Auf das 15 mm starke Brett sollten Einfach-Nutleisten von 12 mm kommen, bei denen die Nut 4 mm tief ist. Damit kamen zur Stärke des Brettes weitere 8 mm hinzu. Die Doppel-Nutleisten haben eine Dimension von 12 x 12 mm, wobei auch hier die Nuten jeweils 4 mm tief sind. Also nochmal 8 mm am oberen Rand dazu. Das ergab 15 + 8 + 250 + 8 = 281 mm, also 11 mm mehr als der Korpus der Reisetruhe hoch ist – das passte.
Bei den Grundleisten des eigentlichen Glaskastens, die Einfach-Nutleisten sein sollten, stellte sich die Frage, ob ich sie durchgehend sägen sollte. Die Einfach-Nutleisten sind 12 mm hoch und 16 mm breit. Wenn diese Ecke auf Ecke durchgehen sollen, bedeutet dies, dass die im 45°-Winkel gesägten Stücke an den äußeren Kanten jeweils einen 16 mm messenden Überstand haben. Bei 250 mm Länge des Glases wären also 282 mm Nutleiste je Seite erforderlich gewesen. Wenn die Grundleisten nicht durchgingen, sondern die senkrechten Leisten, benötigte ich 4 x 242 mm Grundleiste. Bedeutete, dass ich bei dieser Version mit meiner vorhandenen Einfach-Nutleiste auskam. Von den Doppel-Nutleisten hatte ich 2 Stück à 1000 mm schon im Bestand. Für den Deckel würden wegen der durchgehenden Senkrechtleisten ebenfalls 4 x 242 mm anfallen, so dass von dieser Leiste ein Rest verbleiben würde. Da durch die Säge ein Sägeverschnitt in Form von Sägespänen anfallen würde, konnte ich nicht mit vollen 32 mm Rest rechnen, sondern eher mit 27 mm. Bei 282 mm konnte ich drei Teile aus einer Leiste sägen, der Rest würde keinesfalls für eine vierte Leiste reichen. Es gab aber auch die Option, zwischen den Einfach-Nut-Leisten ein 12 mm hohes Stück der 19 x 19 mm-Leiste einzusetzen. Das würde nicht nur Nutleiste sparen, sondern würde auch einen gewissen Fußeffekt an den Ecken haben.
Mit dieser Idee im Kopf ließ ich mir im Baumarkt die Glasplatten zuschneiden. Angeboten werden bei Hagebau Wörmcke Bastelglasplatten im 2 mm und 4 mm Stärke in den Größen 25 x 50 cm und 50 x 50 cm. Die 25er waren für mich geradezu perfekt. Eine Anprobe im Baumarkt ergab, dass die 4 mm starken Platten in beide Nutleistenversionen passten. Deshalb verzichtete ich auf die Mitnahme einer dritten Doppel-Nutleiste.
Zuhause angekommen, machte ich mich ans Werk. Das Glas – nur an den äußeren Kanten von der Schutzfolie befreit – passte sehr gut in die Einfach-Nutleiste, die die Grundleisten bilden sollten. Bei einer Probestellung der mit den Scheiben bestückten Leisten zeigte sich, dass die Deckelplatte des abgebauten Lederwerkzeug-Kastens zu klein war. Ich hatte bei der Planung übersehen, dass der Deckel die Achtkantleisten des Rahmens seinerzeit nicht überdeckt hatte. Es musste also eine Alternative her. Sie bot sich in Gestalt von bereits geschliffenen und beim Bau des ersten Lederwerkzeug-Kastens übriggebliebenen Brettern. Aus einem ganzen und einem Teilbrett sägte ich mir passende Stücke, die mit Holzleim verklebt wurden. Als Bezug für diese Grundplatte schwebte mir Buchleinen vor. Weil das grüne Buchleinen ein ebenso guter Staubfänger wie synthetische Seide ist, sollte das rote Blankleinen als Bezug dienen. Für Bücher ist es fast nicht zu gebrauchen – es sei denn für ein wasserfestes Logbuch oder ein
Kochbuch mit wasserabweisendem Bezug, der nach dem Kochen vom Küchenschmutz feucht gereinigt werden kann. Als gut zu reinigendes Material fand hier also ein Stück dieses Buchleinens Verwendung.
Die wasserabweisende Eigenschaft hat allerdings auch zur Folge, dass wasserbasierter Kleber nur ungern daran haftet. Massiven Druck konnte ich nicht ausüben, denn die Verklebung funktionierte nur mit der aufgesetzten Vitrinenhaube. Die komplette Haube soll sich – abgesehen von der unteren Nutleiste – wieder lösen lassen, und zwar tunlichst in einem Stück!
Bis dahin folgten noch einige derbe Flüche meinerseits, denn zuhause stellte ich fest, dass die Doppel-Nutleiste, die ich mir als erste gegriffen hatte, keine 4 mm-Nut hatte, sondern nur 3,7 mm! Mit Beschleifen des Plexiglases bekam ich die erforderliche Materialmenge nicht weg. Der Versuch, die Nut mit dem Multitool auszufräsen, erbrachte nur mit einigen Wellen die nötige Breite – und obendrein brach bei einer der zugeschnittenen Leisten eine Fase komplett aus der Nut. Zu meinem Glück passte die andere Nutleiste aber. Ich setzte die nachgeschliffenen Nutleisten am Deckel ein, die gebrochene Nutleiste bekam die abgebrochene Fase auf den Deckel aufgeklebt. Da die oberen und senkrechten Leisten fest mit dem Plexiglas verbunden werden sollten, habe ich die oberen Leisten gleich verklebt.
Beim Anpassen der senkrechten Leisten zeigte sich, dass die oben am Deckel endende Leiste nicht bis zum oberen Rand durchzuschieben war. Die Deckelscheibe überragte natürlich die Leistenkanten und bremste die senkrechte Leiste vor dem oberen Rand aus. Damit wurde eine Verkleidung der Ecken erforderlich, die ich nicht eingeplant hatte. Ich hatte aber noch genügend Eckleiste, um die Vitrine an den Ecken damit zu verkleiden. Das bot auch die Möglichkeit, die vierte Ecke mit zusammengesetzten Doppel-Nutleisten zu stabilisieren. Dass die Doppel-Nutleiste nicht bis an die obere Scheibenecke reichte, spielte wegen der Eckverkleidung keine Rolle mehr. Weil die Eckleisten etwas breiter als 16 mm je Seite sind, musste ich die Grundleisten noch etwas kürzen, aber dann passten sie.
Logischerweise blieb an allen vier Ecken nun ein Hohlraum an der oberen Ecke. Diese habe ich mit Leberwurst (der schon erwähnten Mischung aus Sägespänen und Leim) ausgefüllt. In diesem Fall verwendete ich aber keinen Holzleim, sondern den deutlich günstigeren Decoupagekleber, den Norma oder Lidl etwa alle 6 Monate anbieten. Der Holzleim von UHU kostet 6,99 € je 250 g, die gleiche Menge Decoupagekleber 2,99 €.
Als Krönung bekamen die Ecken nach dem Durchtrocknen der Leim-Späne-Mischung einen quadratischen roten Strassstein draufgeklebt. Diese Eckverzierung war ohnehin eingeplant, um die Nuten zu tarnen.
Mit der nun fertigen Vitrinenhaube konnte ich den Innenraum der Vitrine gestalten. Die Innenlinien habe ich außen ausmessen müssen, weil eine Anzeichnung mit der kompletten Verglasung nicht möglich war. Für die Innenausstattung habe ich entsprechend diesen Maßen den Samt zugeschnitten. Ich habe das Stück je Seite 25 mm größer ausgeschnitten als das Kissen groß sein sollte, damit der Samt zum Schutz der Stoffkanten umgeschlagen werden konnte. Nach Befestigung von drei Seiten mit Polsternägeln habe ich Füllwatte unter den Samt geschoben, mit einem Lineal in die richtige Position manövriert und dann die vierte Seite angenagelt.
Danach habe ich die Unterseiten der Grundleisten mit Holzleim bestrichen und die ganze Haube aufgeklebt. Nach dem ersten Klebevorgang wollte die hintere Grundleiste nicht haften. An dieser Stelle ist die Grundplatte etwas wellig, weshalb der Kleber nicht flächendeckend den Boden erreichte. Ein zweiter Versuch mit mehr Kleber brachte den gewünschten Erfolg.
Nach dem Trocknen der letzten Klebefläche habe ich die Schutzfolien der Scheiben entfernt, die Glasflächen noch einmal gesäubert und die inzwischen gereinigte Krone in ihr neues Zuhause gesetzt.
Wie geplant passt sie in die Reisetruhe, aber sie wird künftig nicht in, sondern auf der Reisetruhe die Kellerzeit verbringen. Die Krone gehört in die heimische Burg oder in den besonders gesicherten Felsentresor. Schließlich soll sie die Steinburg nicht verlassen. Die Planung war insofern eine Fehlplanung, trug aber zur Einschränkung der äußeren Dimensionen bei
Material siehe folgende Seite.
Material:
- 3 Bastelglasscheiben 25 x 50 cm (im Baumarkt in je 2 Teile zu 25 x 25cm schneiden lassen)
- 1 Einfach-Nutleiste 12 x 16 x 1000 mm
- 2 Doppel-Nutleisten 12 x 12 x 1000 mm
- 2 Eckleisten 18 x 18 x 1000 mm
- 1 Brett 10 x 15 x 1200 mm (in 4 gleiche Teile sägen)
- Geschlossenes, wasserabweisendes Buchleinen 50 x 50 cm
- Samt 30 x 30 cm
- 20 Polsternägel, goldfarben, 12 mm
- Holzleim
- Decoupagekleber
- Sägespäne
- Füllwatte
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