Projekt 4: Königliche Reisetruhe

Um meinen Mittelalterkram aufzubewahren, habe ich bis Mai 2020 einen Pappkarton verwendet. Das wollte ich gerne ändern. Die Truhe sollte so groß sein, dass sie möglichst alles fasste, was sich in Sachen Mittelalter inzwischen bei mir angesammelt hat. Dazu gehören drei Gürteltaschen, diverse Gürtel, zwei Schwerter in Hirschfängergröße (Ibelin und Jerusalem), eine Botentasche aus Leder (vom Mittelaltermarkt Bruttig-Fankel), Armschützer, zwei Essbestecke samt Futteral, Sporen, zwei Umhänge, ein Gambeson, zwei Jungfernkränze, mehrere Kronen, eine Kettenkapuze, zwei Hüte Marke Robin Hood, ein Pilgerhut, ein Paar kurze Nagelstiefel, drei Helme und zwei Zepter, einiges an kleinem Kleinkram.

Die Truhe sollte als Reisetruhe transportabel sein, aber auch stabil. Der Deckel sollte erhöht sein, oben und innen ein Wappen zeigen. Das innere Wappen sollte bei aufgeklapptem Deckel korrekt sichtbar sein. Die verbliebenen Containerbretter schienen schon deshalb keine Option für eine Truhe in einer denkbaren Größenordnung von ca. 50 cm Breite, 60 cm Tiefe und 40 cm Höhe zu sein. Bei diesem Baumaterial hätte ich den Begriff transportabel gleich streichen können. Nach längerem Grübeln erschien mir die Herstellung aus DIN-genormten Sperrholzplatten passend. Dafür musste allerdings ein Gerüst her, um die Platten stabil zu verbinden. Mit Winkeln verbundene 20 x 20 mm-Leisten waren hier eine passable Möglichkeit.

Auf Millimeterpapier fertigte ich eine Zeichnung, aus der sich letztlich auch der Materialbedarf ergab (Angaben siehe Materialliste). Wegen des außen und innen geplanten Wappens auf dem Deckel und im Deckelinneren stand zunächst eine Tiefe bis zu 60 cm im Raum, da die beiden Wappenschilde oberhalb der Schildmitte jeweils zwei Bohrungen für einen Riemen haben. Die Schilde haben etwa DIN A4-Größe. Setzt man sie gegeneinander, und soll der Deckel noch eine ästhetische Aufteilung haben, ergeben sich besagte 60 cm Tiefe. Bei Verwendung von DIN A2-Platten war die Tiefe aber auf 42 cm begrenzt.

Nach erneutem längerem Grübeln ergab sich die Möglichkeit, auf die Innenseite des Deckelgerüstes eine weitere DIN A2-Platte zu setzen – oder die Deckelplatte außen und innen mit dem Wappen zu bemalen. Eine Teilung des denkbaren inneren Deckels für ein Aufbewahrungsfach spukte mir auch einige Zeit durch den Kopf. Entsprechende Scharniere hatte ich. Erst im Zuge des Baus habe ich die Idee dann verworfen (bei späteren Projekten habe ich solche Fächer verwirklicht … Aber davon später mehr.)

Das vorhandene Material reichte keineswegs aus. Ich habe also den Baumarkt Hagebau Wörmcke in Uetersen besucht und eingekauft:

  • 2 Leisten 1000 x 60 x 5 mm
  • 1 Paket DIN A2-Platten (Inhalt 2 Stück)
  • 1 Paket DIN A3-Platten (Inhalt 2 Stück)
  • 2 Pakete DIN A4-Platten (Inhalt je 4 Stück)
  • 5 Leisten 1000 x 20x 20 mm
  • 1 Paket Schrauben 35 x 16 mm (die kürzesten, die sich als Paketware im Schraubenregal finden ließen)

Kastenecken, Polsternägel (für Befestigung, aber auch als Zierde) und Scharniere hatte ich im Frühjahr schon eingekauft. Weil ich auch mit der im Frühjahr gekauften Bügelsäge noch immer keine geraden Schnitte hinbekam und eine elektrische Kappsäge aus Platzgründen nicht in Betracht kam, hatte Wolfgang die Idee, eine neue Sägelade aus massivem Sperrholz zu kaufen. Zur Lade gehörte auch eine Säge, ähnlich wie meine Japansäge, aber mit deutlich kleinerer Schnittbreite. Damit bekomme ich endlich einigermaßen gerade Sägeschnitte hin. Die Breite ist allerdings auf 5 cm breite Bretter begrenzt. Die Leisten für den Deckelkasten musste ich deshalb wieder halb freihändig sägen.

Der Bau begann mit dem Zuschnitt der Gerüstleisten. Um unschönen Überraschungen aus dem Weg zu gehen, habe ich die Leisten gleich an die Sperrholzplatten angepasst. Wie schon bei der Zierleiste der Altargeschirrtruhe sollten die Gerüstleisten glatt aneinanderstoßen und nicht im 45°-Winkel gesägt werden. Nach dem Anpassen an die Platte wurden die Leisten mit Stuhlwinkeln verbunden, womit eine Ausrichtung mit dem Rahmenspanner entfiel.

Die senkrechten Leisten des Truhenkastens habe ich mit Holzstiften eingesetzt und den oberen und unteren Rahmen des Truhenkastens damit verbunden. Als nächstes sollte der Boden eingesetzt werden. Weil der Truhenboden nicht unmittelbar auf dem Erdboden stehen sollte – zwecks Vermeidung von Feuchtigkeit, aber auch gegen das Eindringen von Ungeziefer – und sich auch bei höherem Gewicht des Inhalts nicht verbiegen sollte, sollte der Boden auf einen zusätzlichen Kreuzrahmen aufgesetzt werden.

Dazu habe ich einen 59,7 cm langen Stab und einen 42 cm langen Stab gesägt, an den Enden der Stäbe einen 2 cm langen und 1 cm starken Zapfen gesägt, in deren Mitte eine 2 cm lange und 1 cm tiefe Aussparung ausgesägt und abgestemmt, so dass das Kreuz glatt in den unteren Rahmen passte und kein Überstand blieb.

Der Kreuzrahmen war allerdings nicht in meine Materialberechnungen eingeflossen. Ich kam mit den eingekauften Leisten deshalb nicht aus. Wolfgang wollte ohnehin noch etwas vom Baumarkt holen, also bat ich ihn, mir nochmal zwei der Leisten mitzubringen. Er brachte sie mit – nur waren es zwei 2400 x 20 x 20 mm-Leisten! Auf der Terrasse ließ sich damit ja noch passabel arbeiten, im Keller sind solche Dinger nur dann zu handhaben, wenn ich im großen Keller arbeite und die Leiste in den Kellerflur hineinragen kann … In meiner Werkstatt unten im Keller finde ich dafür nicht mal einen Lagerplatz. Da ich die Reisetruhe aber komplett auf der Terrasse gebaut habe, spielte dies einstweilen keine Rolle. Der großzügige Einkauf rettete mich dann auch vor dem Umstand, dass ich bei der Materialberechnung den Rahmen für den Deckel nicht einbezogen hatte, sondern nur das Gerüst für den Truhenkasten berücksichtigt hatte …

Um den Boden der Truhe auf das Gerüst aufsetzen zu können, habe ich an den Ecken jeweils 2 x 2 cm ausgesägt, den Boden mit Holzleim auf den Leisten des Bodens verklebt und zusätzlich mit Kammzwecken festgenagelt. Das sollte dicht genug sein, um Kleinvieh vom Eindringen in die Truhe abzuhalten.

Die Sperrholzplatten für Deckel und Seitenteile habe ich mit Holzbeize außen dunkel gefärbt. Eine zweite Beizeschicht habe ich auf die Verzierungen beschränkt, die an den Seiten und den Mitteltafeln der Front- und Rückseite aus einer gekrönten Lilie bestehen. Die entsprechenden Konturen habe ich mithilfe von Schablonen mit Bleistift vorgezeichnet und mit der Beize ausgepinselt. Die seitlichen Tafeln der Front- und Rückseite bekamen in gleicher Weise Rankenmuster mit Lilie. Die äußeren Deckelleisten habe ich mit einem anderen Lilienmuster verziert. Alle gebeizten Holzteile bekamen nach der Beize einen Klarlacküberzug, weil die Beize nicht abriebfest ist.

Während die klarlackierten Teile trockneten, nahm ich mir die Schilde vor. Zwei der Schilde, die ich als Zehnerpack bei Amazon gekauft hatte, bekamen einen Voranstrich mit Kreidefarbe, der nach dem Trocknen glattgeschliffen wurde. Mithilfe eines Zirkels habe ich den Wappenrand vorgezeichnet und die Lilie mit der Schablone vorgezeichnet, anschließend mit Acryllack das Wappenbild gestaltet: in Rot eine schwebende goldene heraldische Lilie, ein grüner Rand.

Mir ist bewusst, dass ein grüngeränderter Schild nach den allgemeinen heraldischen Regeln kein rotes Feld haben darf, aber die wenglische Wappenordnung lässt Kombinationen komplementärer Tinkturen zu. Und Grün und Rot sind nun einmal Komplementärfarben, haben einen Kontrast, der meilenweit zu erkennen ist, wenn man nicht gerade Rot-Grün-blind ist. Das gilt auch für Blau und Orange, weshalb auch diese Kombination nach der wenglischen Wappenordnung zulässig ist.

Beide Schilde bekamen nach dem Durchtrocknen des Acryllacks noch eine Klarlackschicht.

Als nächstes habe ich die Sperrholztafeln am Korpusgerüst montiert. Sie wurden mit Holzleim fixiert und mit Polsternägeln befestigt. Die Kanten erhielten eine vergoldete Eckleiste, die ebenfalls mit Leim fixiert und mit Polsternägeln festgenagelt wurde. Mit der Montage der Truhengriffe an den Seiten konnte der Truhenkorpus als Transportkiste für das Werkzeug herhalten. Zur Verstärkung (ich habe dem Sperrholz nicht wirklich getraut) habe ich die Schrauben für die Griffe von innen mit Holzscheiben unterlegt.

Nächster Schritt war dann die Montage des Deckels. Äußerer und innerer Deckel wurden zunächst separat mit den Schilden versehen, die mit Polsternägeln aufgenagelt sind. Die überstehenden Nagelenden (die Nägel sind 12 mm lang, Sperrholz und Schild zusammen aber nur 8 mm dick) wurden zum Schildrand hin umgeschlagen. Die Leisten des Deckels wurden vorgeleimt und mit Polsternägeln an die Gerüstleisten angenagelt. Vergoldete Eckleisten schlossen den Deckelkasten ab.

Der Deckel sollte im geöffneten Zustand senkrecht stehen. Um zu verhindern, dass er unplanmäßig zufällt, sollte ein Gelenk aus Holzleisten in beide Richtungen als Bremse dienen. Dazu bekam der Deckel eine zusätzliche 20 x 20 mm-Leiste an der linken Truhenseite einge­klebt, damit die Leisten des Gelenks gerade zuklappen können, ohne an der oberen Gerüstleiste des Truhenkorpus hängenzubleiben. Mittels Buchschrauben und einer Unterlegscheibe zwischen den beiden Gelenkleisten wurde das Gelenk zusammengesetzt und an Deckel und Korpus befestigt.

Sowohl die oberen als auch die unteren Ecken der Truhe erhielten Kastenecken aus Messing, die ich zunächst mit Polsternägeln befestigt habe – nur wollte das einfach nicht halten. Ich musste sie also doch schrauben, was ich aus optischen Gründen gern vermieden hätte.

Als Verschluss und Griff zum Öffnen der Truhe dient eine Drahtüberfalle, wobei Draht ein etwas schwacher Begriff ist. Es ist immerhin 5 mm starkes Messing! Ein Schubriegel verhindert ein unbeabsichtigtes Öffnen der Truhe. Der Verschluss sitzt allerdings ausgesprochen stramm.

Zuletzt bekam der Deckel noch eine vergoldete Zierleiste, bei der ich mich getraut habe, die Teile im Winkel zu schneiden. Mithilfe der neuen Lade klappte das sehr gut. Nach der Vergoldung mit Sprühlack wollte ich die Leiste zunächst nageln, habe sie aber wegen der Gefahr, dass die Nägel die Leiste sprengen, dann doch geklebt.

Material:

  • 3 DIN A2-Platten (59,4 cm x 42 cm), jeweils für Boden, Deckel und inneren Deckel.
  • 2 DIN A3-Platten für die Seitenteile rechts und links
  • 6 DIN A4-Platten für Front und Rückseite.
  • 2 Leisten 1000 x 60 x 5 mm
  • 7 Stäbe 20 x 20 mm zu 40 cm
  • 7 Stäbe 20 x 20 mm zu 57,4 cm
  • 4 Stäbe 20 x 20 mm zu 26 cm
  • 1 Leiste trapezförmiger Querschnitt, 15 mm breit
  • 12 Metallwinkel
  • 8 Holzstifte
  • 8 Kastenecken
  • 2 Scharniere
  • 1 Paket Polsternägel 10 mm, goldfarben (Rest für weitere Arbeiten verbleibend)
  • 1 Paket Schrauben 35 x 16 mm (Rest für weitere Arbeiten verbleibend)
  • 3 Buchschrauben (2 Stück à 25 mm Länge, 1 zu 10 mm)
  • 2 Unterlegscheiben (Öffnung 5 mm)
  • 2 Wappenschilde (alternativ hätte das Wappen auch direkt auf das Sperrholz gemalt werden können, aber ein aufgesetzter Schild erschien passabler)
  • Acrylfarbe (Rest für weitere Arbeiten verbleibend)
  • Kreidefarbe (Rest für weitere Arbeiten verbleibend)
  • Klarlack (Sprühdose, Rest für weitere Arbeiten verbleibend)
  • Goldlack (Sprühdose, Rest für weitere Arbeiten verbleibend)
  • Holzbeize (Rest für weitere Arbeiten verbleibend)

 

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